Wohlstand durch Wachstum? – so nicht (mehr)!
Corona zeigt dramatisch auf, dass sich jetzt wirklich etwas ändern muss. Wir hören seit Jahrzehnten: Die Welt muss nachhaltiger, ökologischer und gerechter werden. Allein haben wir die Notwendigkeit wirtschaftlichen Wachstums mittlerweile so verinnerlicht, dass wir gesellschaftlichen Fortschritt mit BIP-Wachstum gleichsetzen.
Für die soziale Marktwirtschaft ist Wirtschaftswachstum (eigentlich) kein vorrangiges politisches Ziel. Wohlstand, gesellschaftlicher Fortschritt und persönliches Glück sind nicht zwangsläufig an das Bruttosozialprodukt gekoppelt. Das hat sich in den Augen vieler im Laufe der vergangenen Jahrzehnte geändert, sodass Wachstum als Ziel gesehen wird – unabhängig von den Konsequenzen für andere Bereiche. Wachstum wurde staatlich verordnet (überall auf der Welt), ohne Wachstum keine soziale Gerechtigkeit, ohne diese keine politische Stabilität – so lautet die Begründung. So wird in der aktuellen Krise auch alles getan, um die Nachfrage zu stimulieren, den privaten Konsum anzuregen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln – für mehr Wachstum( auch mit Schulden) . Das hat seine Berechtigung, ist aber kein Selbstzweck.
Teilweise hat sich das Wachstumsversprechen in der Vergangenheit auch erfüllt. Der Zugang zu Weltmarkt und Wachstum hat seit 1990 mehr als einer Milliarde Menschen ermöglicht, der Armut zu entkommen. Der Anteil der Weltbevölkerung in extremer Armut ist in dieser Zeit von 44 auf unter zehn Prozent gesunken. Das ist gut so! Und doch ist der ökologische Preis hoch.
Die entscheidende Frage ist also nicht ob, sondern wie die Weltwirtschaft wachsen wird – wachsen soll. Das fossile Zeitalter muss durch eine neue, ökologische Produktions- und Wirtschaftsweise abgelöst werden. Orientieren wir uns an der Natur und dem unendlichen Reichtum biologischer Prozesse. Wachsen wir mit der Natur. Und setzen dabei auf marktwirtschaftliche Regelungen. Beispielsweise ist für eine global wirksame Klimapolitik der Emissionshandel gegenwärtig der größte Hoffnungsträger. Eine Kernforderung wäre, dass wir den CO2-Emissionen einen Preis geben müssen. Eine CO2-Grenzabgabe kann dabei ein Baustein von regelbasiertem Handel werden. Damit schafft der Staat (bzw. die Staatengemeinschaft) die notwendigen Rahmenbedingungen und Spielregeln. Wie der frühere deutsche Bundespräsident Horst Köhler es formulierte: „Die Ordnung der Freiheit bedeutet: Die Bürger beauftragen den Staat, die Spielregeln zu setzen. Aber das Spiel machen die Bürger. Die Regeln lauten: Privateigentum und Vertragsfreiheit, Wettbewerb und offene Märkte, freie Preisbildung und ein stabiles Geldwesen, eine Sicherung vor den großen Lebensrisiken für jeden und Haftung aller für ihr Tun und Lassen. Auf diese Regeln muss Verlass sein. Die Bürger müssen wissen, was auf sie zukommt. Ohne Verlässlichkeit kein Vertrauen."